„Der Sohn des Friseurs“ ist endlich mal wieder ein Roman des niederländischen Autors Gerbrand Bakker. Der Erzählton ist gewohnt ruhig und zurückgenommen, die Hauptfigur Simon gewohnt in sich gekehrt mit einem Hang zur Melancholie. Die Geschichte ist aber mit ungewohnt viel charmantem Witz erzählt. Der Anfang 40jährige Simon steht in Amsterdam selten und leidenschaftslos in seinem Frisiersalon, den er von seinem Großvater übernommen hat. Begeistern kann er sich fürs Schwimmen und...
Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Strout hat nachgelegt. „Am Meer“ ist der vierte Band der sog. Amgash-Serie, in deren Mittelpunkt die Ich-Erzählerin Lucy Barton steht. Wobei sich der Roman unabhängig von seinen Vorgängern lesen lässt. Wir begleiten Lucy durch die Monate und Jahre der Pandemie. „Och nö, bitte nichts zur Pandemie!“, war mein erster Gedanke dazu. Doch die Neugier überwog. Ob es Elizabeth Strout wohl auch in diesem Buch gelungen ist, ihre präzisen, nie...
Der gesundheitlich angeschlagene Nathaniel Steepleton und sein Freund, der Hellseher Keita Mori, reisen vom nebeligen viktorianischen London nach Tokyo, um mysteriösen Vorkommnissen auf die Spur zu gehen. In der britischen Botschaft häufen sich Geistersichtungen und das Personal ergreift die Flucht, deshalb wird Nathaniel von seinem Vorgesetzten als Übersetzer zur verdeckten Ermittlung dorthin geschickt. Thaniel fühlt sich unwohl in Japan: Es ist so, als würde er die ganze Zeit beobachtet...
Der neue Roman von Helga Bürster (Jg. 1961), die mit ihrem Debut „Luzies Erbe“ schon viel Aufmerksamkeit erregte, ist in Ostfriesland im Jahre 1950 angesiedelt. Das ärmliche Leben im Dorf ist von der Moorlandschaft geprägt. Die Menschen sind von der Zeit des Nationalsozialismus gezeichnet und versuchen, sich der Zukunft zuzuwenden. Eine unheimliche Mischung aus Aberglauben, Versehrtheit und Glauben an den Fortschritt zerrt an der Dorfgemeinschaft. Wie gehe ich mit dem Geschehenen um, wie...
Wir suchen uns nicht aus, was uns gefällt. So jedenfalls erging es mir mit „Stories“ - den Kurzgeschichten aus der Feder von Joy Williams. Die 79-Jährige gilt in den USA schon seit Jahrzehnten als viel beachtete und sehr geschätzte Autorin – gar als „die strahlend düstere Großmeisterin der Kurzgeschichte“, wenn es nach Lauren Groff geht. Warum ihr erst in diesem Jahr auch hierzulande Beachtung zuteil wurde, ist einigermaßen rätselhaft. Und „rätselhaft“ ist auch einer der...
Eine Kindheit zwischen Bauern und Bohemians So ein kleiner Junge hat es wirklich nicht leicht! Jan Peter Bremer lebt in den 70er Jahren mit seinen Eltern im ländlichen Kreis Lüchow-Dannenberg. Zuerst auf einem Bauernhof in einem Dorf, in dem es nur einen Lehrer für alle Schüler gibt und die Kinder der ersten Klasse von einem Schüler aus der dritten Klasse im Schreiben und Lesen unterrichtet werden. Kein guter Start für die schulische Laufbahn von Jan Peter und er tut sich in den folgenden...
Wer kennt nicht Shakespeares Tragödie „Macbeth“ über seinen Aufstieg zum König von Schottland und seinen Niedergang. Isabelle Schuler stellt in ihrem Roman das Leben von Macbeths Frau, Gruoch, in den Mittelpunkt. Wer sich nun denkt: Die Geschichte kenne ich bereits, der liegt im Irrtum, denn Schuler erzählt Gruochs Geschichte, bevor Shakespeares Tragödie überhaupt beginnt. Gruoch, Enkelin eines ehemaligen schottischen Königs, wird in eine mittelalterliche Welt des Umbruchs geboren....
An diesem Roman ist vieles besonders: das Alter der Autorin, die erzählte Geschichte und die Struktur des Romans. In Kapiteln, die sich abwechseln – die Perspektive der 15jährigen Tochter im Gegensatz zur Perspektive ihres alleinerziehenden Vaters – spiegelt die 1996 in Berlin geborene Autorin Dana Vowinckel die Frage nach Identität, verknüpft mit dem Erleben von heutigem jüdischen Leben einer 15jährigen. Dieser Sommer findet für Margarita im Dreieck Berlin – Chicago – Israel...
Einfühlsam, behutsam, episch, klug und eindringlich. Die deutschsprachige Autorin, Jarka Kubsova, die uns schon mit ihrem ersten Roman „Bergland“ begeistert hat, hat einen teils historischen Roman um die letzte in Deutschland als Hexe hingerichtete Frau geschrieben. Die Erzählerin in diesem Roman, Britta Stöver, zieht in der Gegenwart mit ihrer jungen Familie nach Ochsenwerder, wo eine Straße nach Abelke Bleke benannt ist. Britta interessiert sich für deren Geschichte im ausgehenden...
„Vorwürfe sind schlecht formulierte Wünsche.“ Eigentlich hat Jule alles, was sie sich für ihr Leben gewünscht hat. Einen Mann, ein schönes Haus mit großem Garten auf dem Land. Es könnte alles perfekt sein. Doch was passiert, wenn der Wunsch nach Kindern, die das Haus und den Garten mit Leben füllen, nicht erfüllt wird? Wie macht man weiter, wenn man sich als Paar auseinanderlebt und dennoch an seinem alten Leben festhält? Wie lange kann man in seinem schönen Garten sitzen, das...